Kleinkraft mit großen Fischen
Am Thorhof in der Gemeinde Hohenberg (NÖ) führen Forellen buchstäblich ein Leben am Strom. Christian Kirchmayer nutzt seit fünf Jahren ein Wasserkraftwerk zur Fischzucht.
Von Elisabeth Hell
Die Quelle der Unrechttraisen ist rund drei Kilometer entfernt. 1.000 Liter Quellwasser fließen pro Sekunde in die Salmoniden-Becken der Fischzucht Thorhof von Christian und Marlene Kirchmayer. Im Sommer erwärmt sich das Wasser nicht über 12 Grad, im Winter fällt die Temperatur nicht unter 7 Grad. „Die Kälte und die Menge an Wasser sorgt für die hohe Qualität bei unseren Fischen, die man schmeckt“, erklärt der Fischzüchter.
Die geringen Temperaturschwankungen sind beste Bedingungen für Salmoniden. Seeforellen, Regenbogen-, Bachforellen, Arktische Seesaiblinge sowie Elsässer Saiblinge – eine Kreuzung aus Bach- und Seesaibling – tummeln sich in den Becken. Hauptsächlich werden Lachsforellen gezüchtet, so werden rotfleischige Salmoniden – überwiegend Regenbogenforellen – mit mehr als einem Kilogramm Körpergewicht bezeichnet, wobei die Rotfleischigkeit allein über den Futterzusatz Astaxanthin kommt. „Das Auge isst ja bekanntlich mit, so hat sich seit Jahren die Lachsfarbe etabliert“, erklärt Kirchmayer.

Vom Bürojob zum Forellenzüchter
Christian Kirchmayer war schon als kleiner Bub gerne fischen und hat jede freie Minute am Wasser verbracht. Eine Fischzucht war sein größter Wunsch. Im Jahr 2019 hat er sich den Traum von der eigenen Fischzucht erfüllt. Der alte Thorhof in Hohenberg stand zum Verkauf und Christian, davor Immobilienkaufmann, und seine Frau Marlene, gelernte Hotelfachfrau, haben mit ihren Familien den Hof erworben und sind von Bruck an der Leitha aufs idyllische Land nach Hohenberg übersiedelt. „Im Gebirge, dort wo die Quellen entspringen und man Forellen züchten kann, ist ein schöner Platz zum Leben. Mit der Natur und in der Natur zu arbeiten, hat uns schon immer gut gefallen, deshalb haben wir mit dem Projekt begonnen.“
Fischbecken hat es dort noch keine gegeben, damals hat man auch nicht gewusst, dass Fischzucht vor Ort möglich ist. „Es war ein glücklicher Zufall: Erst im Übergabeverfahren des Hofes wurde uns mitgeteilt, dass unter dem Grundstück ein Stollen verläuft, der für Fischzucht gut geeignet wäre“, erinnert sich Kirchmayer.
Das Kleinwasserkraftwerk Thorhof an der Unrechttraisen ist seit 1913 in Betrieb und trägt heute noch zur Stromversorgung in der Region bei. Von dem unterirdischen Stollen wird ein Teil des Wassers in die Anlage von Familie Kirchmayer umgeleitet, das Wasser wird sozusagen von den EVN „ausgeborgt“. „Wir haben alle notwendigen Genehmigungen relativ schnell bekommen, weil wir dadurch der Unrechttraisen kein zusätzliches Wasser entnehmen.“
Auflagen gibt es für den Fischbestand, die Fütterungsmenge und das Absetzbecken. Die Reinigung der Becken erfolgt prinzipiell durch die Strömung und die Fische – quasi selbstreinigend –, ein Absenken des Wasserspiegels zur Reinigung ist aufgrund des Kleinwasserkraftwerks auch nicht möglich. Die Umweltbehörden haben deshalb ein Absetzbecken vorgeschrieben, wo sich die Feststoffe am Boden absetzen. Das gereinigte Wasser geht schließlich wieder zurück in den Stollen und zum Wasserkraftwerk.

Hohe Kosten für komplexe Anlage
Zwei Millionen Euro wurden in die neue Anlage investiert. „Der Bau einer Fischzucht ist eine hochkomplexe Angelegenheit, bei der man sehr viele Dinge beachten muss“, so Kirchmayer, der in Scharfling die Ausbildung zum Fischereifacharbeiter nachgeholt und danach fast jede größere Fischerei in Österreich besichtigt und auch in Deutschland, Dänemark und Italien Ideen für den Bau mitgenommen hat, denn Ziviltechniker für Fischzuchtbecken sind in Österreich Mangelware.
„Heute würde ich beim Bau der Anlage einiges anders machen“, ist Kirchmayer selbstkritisch, vor allem was die Beckentiefe angeht. Bei einer normalen Forellenzucht beträgt die Tiefe etwa einen Meter. Auf dem Thorhof hat man sich aufgrund der vorhandenen Fläche und der großen Wassermenge für zwei Meter entschieden, mit Vor- und Nachteilen: So ist die Bewirtschaftung mit der Größe der Becken mühsamer und birgt mehr Gefahren, wenn man hineinfällt, aber es bringt auch mehr Tierwohl für die Fische. Durch die größere Schwimmfreiheit sind die Tiere flossenrein, das heißt, die Brustflossen sind nicht beschädigt.

Vom Ei zum schlachtreifen Fisch
Im Jahr 2020 wurden die ersten Fische verkauft. Vom Ei bis zum schlachtreifen Fisch dauert es anderthalb bis zwei Jahre. Im überdachten Bruthaus werden die zugekauften Eier – durchströmt mit sauerstoffreichem kalten Wasser – ausgebrütet. Nach der sogenannten Dottersackphase, die etwa ein bis zwei Wochen dauert, wird erstes mehlartiges Futter verfüttert. Danach werden die Fische fünfmal am Tag gefüttert, in kleineren Mengen für geringen Futterverlust. Das Zuwachsfutter wird in vier Futtergrößen über eine automatische Fütterungsanlage mit Luftdruck in die Becken geblasen.
Für Kirchmayer fungiert der Computer „wie ein elektronisches Teichbuch“, jede Bewegung – Entnahmen und Besatz – wird eingegeben und die Futtermenge wird automatisch angepasst.
Der Züchter setzt dabei auf das Fischfutter von Garant, wegen der flexiblen und schnellen Betreuung vor Ort. Heimisches Futter ist zusätzlich für das AMA-Gütesiegel notwendig. „Aber auch den Konsumenten ist es nicht nur wichtig, wie die Fische gehalten, sondern wie sie gefüttert werden – und da hat das Lagerhaus einen vertrauenswürdigen Ruf“, erklärt Kirchmayer, der regelmäßig Interessierte durch seinen Betrieb führt.
Jeder Fisch muss schließlich durch die Sortiermaschine – „da die Fische relativ stark auseinander wachsen“ – und werden den Becken, die unterschiedlich abgesperrt werden können, zugeteilt und die großen Exemplare zum Schlachten vorbereitet. Abgefischt wird im Thorhof händisch mit Zugnetzen und aufgrund der konstanten Wassertemperaturen „eigentlich jeden Tag übers ganze Jahr“. Bei größeren Mengen hilft ein Bagger beim Herausziehen. Abgefischt werden die Fische bevor sie laichreif sind, das verhindert den sogenannten Laichhaken und auch Pilzkrankheiten, die durch Verletzungen der Schleimhäute durch aggressive Milchner (männliche Forellen) entstehen. Abschließend werden die Fische in einem Hälterbecken mindestens drei Tage ausgenüchtert, das bringt mehr Hygiene beim Schlachten und die Filetqualität wird nochmal gesteigert.

Lebender und verarbeiteter Verkauf
Mittlerweile werden rund 100 Tonnen Fisch jährlich verkauft, die Hälfte davon lebend – von
Jungforellen zur weiteren Aufzucht bis zu ausgewachsenen Exemplaren für Angelteiche, andere Fischzüchter oder Fließwasserbesatz. Die andere Hälfte wird frisch – im Ganzen oder filetiert –, gebeizt, geräuchert und als Aufstrich vermarktet. Der Verkauf erfolgt jeden Freitag ab Hof, aber auch auf den Märkten in Gutenstein und Waldegg ist man mit dem Verkaufsanhänger vertreten. Große Abnehmer sind auch Gastronomie – ein Wiener Spitzengastronom macht daraus Sushi – und Supermärkte.
„Wir machen nicht viel Werbung. Wenn wir aktiv Fische verkaufen wollen würden, könnten wir deutlich mehr verkaufen.“

Der Thorhof gehört heute nach eigenen Angaben zu den zehn größten Fischzuchten in Österreich, eine Erweiterung ist nicht geplant: „Es gibt eine Formel und man kann nur mit einer gewissen Menge von Wasser eine gewisse Anzahl von Fische produzieren – ohne zusätzlichen technischen Aufwand wie Sauerstoffanreicherung. Wir fahren mit relativ geringer Fischdichte, aber wir wollen auch kein Industriebetrieb werden, sondern unsere Struktur aufrechterhalten – als kleine, feine Fischmanufaktur.“ So werden die Fisch händisch von fünf Mitarbeitern filetiert und entgrätet.
Die große und kostspielige Entscheidung für die Fischzucht haben die Kirchmayers bis heute nicht bereut. Abgerundet wird der Betrieb noch vom Wildfleisch, aus der 117 Hektar großen Eigenjagd. Mit Freude zeigt der leidenschaftliche Jäger noch ein Foto von einem kapitalen Hirsch bei der winterlichen Wildfütterung. Die Freude am Leben und Arbeiten in der Natur ist Christian Kirchmayer sichtlich anzumerken.
Aktualisiert am 11. März 2025 | Foto © Raiffeisen Zeitung — Alexander Blach